31.05.2011, Uckermark Kurier, Kultur & Freizeit

Kurzweilig und bärig gut

Schneeweißchen (Anne Kathrin Haase, l.), Rosenrot (Hannah Walther) und deren Mutter (Luise Strehlow, ganz rechts) nehmen den Bären (Dennis Engel) bei sich auf.
Foto: Uckermärkische Kulturagentur

Kinderoper
Grenzenlose Begeisterung für die Uraufführung von Gisbert Näthers Kinderoper „SchneeRot“ durch die Uckermärkische Kulturagentur.

von Peter Bruske

Prenzlau. Krächzend kommentieren Krähen die Auseinandersetzung der Schwestern Schneeweißchen und Rosenrot, die sich getreu ihres geschwisterlichen Treueschwurs „Weiß und Rot / in Freude und Not / Liebe und Treue / bis in den Tod“ jedoch rasch vertragen. Es geschieht im Verlaufe des Geschehens, das Ulla Theißen nach dem bekannten Märchen der Gebrüder Grimm in ein bühnengerechtes, pointenreiches Libretto umgeformt hat, häufig. Sind sie einerseits doch Zwilling, könnten sie andererseits nicht gegensätzlicher sein. Von dieser Einheit der Gegensätze kündet auch der Titel „SchneeRot“, mit dem die vom Potdsdamer Künstler Gisbert Näther vertonte Kinderoper versehen ist. Sie ist das mittlerweile dritte Projekt der Uckermärkischen Kulturagentur, Musiktheater für und mit Kindern zu machen. Am Sonntagvormittag wurde sie im Festsaal der Grabowschule in Anwesenheit der Komponisten erfolgreich uraufgeführt.

Die fast zweijährigen Vorarbeiten mit monatelangen Proben der weitgehend unerfahrenen, aber engagierten Kinder und Jugendlichen haben sich nach zwei kurzweiligen Aufführungsstunden mehr als gelohnt. Überall glückliche Gesichter: bei den Eltern/Großeltern, die das Projekt uneigennützig unterstützt haben, den musikalischen Einstudierern, der Tanzpädagogin Angela Steer, der umsichtig koordinierenden Produktionsleiterin Frauke Kuhfuß-Knauer… Staunenswert, wie gekonnt alle Aktuere vom Hoppelhäschen über dicke Käfer, quakende und hüpfende Frösche bis hin zu den Solisten ihre Rollen gestalten. Auch der rote und weiße Rosenbusch, Pendant zu den Schwestern, lebt durch eine sangesfreudige und bewegungsagile Kinderschar.

Der Phantasie scheinen in der stimmungsdichten und aufs Wesentliche konzentrierten Inszenierung von Ulla Theißen keine Grenzen gesetzt zu sein. Dazu liefert ihr Eckhard Reschat eine einheitliche, umbaufreundliche Szenerie aus hängenden Versatzstücken, die an Birkenstämme erinnern. Einer lässt sich zur Fassade des Waldhauses umklappen, in dem die Mutter (resolut und liebevoll: Luise Strehlow) nebst den Töchtern Schneeweißchen (zurückhaltend, stimmlyrisch und sicher: Anne Kathrin Haase) und Rosenrot (spitzzüngig, streitsüchtig und weniger sangessicher: Hannah Walther) wohnt.

Eines schneesturmreichen Winterabends klopft ganz unverhofft ein Bär an der Tür und bittet um ein wärmendes Nachtlager. Es wird ihm gewährt, Abend für Abend. Man gewöhnt sich an den Familienzuwachs – und Schneeweißchen verliebt sich langsam, aber sicher in den Bären. Noch kann sie nicht wissen, dass der gutmütig-tollpatschige Meister Petz (bärig gut und bassabgrundtief: Dennis Engel) ein verzauberter Märchenprinz ist, den ein goldgieriger, cholerischer und rumpelstilzchengleicher Oberzwerg (vortreffliche Charakterstudie: Laura Sophie Schneider) in diese Gestalt verwandelt hat, um an dessen Schätze zu gelangen. Als Chef einer lustigen Sieben-Zwerge-Bande treibt er diese, die stets mit einem orhwurmgleichen Lied auftreten, zur Fronarbeit. Als ihnen diese zu viel wird, wechseln sie die Fronten, stacheln zusammen mit SchneeRot den Bären an, seinen Erzfeind mit einem Prankenhieb zu erledigen. Er tut´s – der Bann ist gebrochen.

Und Gisbert Näther´s lebendige, sehr farben- und spannungsreiche, für Laiensänger höchst anspruchsvolle, rhythmisch vertrackte Musik? Sie ist für die Stimmen der Kinder und Jugendlichen keine Hürde: Wenn die eine oder andere Passage singend nicht zu schaffen ist, geht´s eben deklamatorisch weiter. Die Musiker des Preußischen Kammerorchesters, bestehend aus Streichern, einfach besetzten Bläsern und reichlich Schlagzeug, schaffen unter Leitung von Frank Zacher den spielerischen Spagat zwischen stimmungsstarker Dramatik und Ruhepunkten, kosten die ohrenfreundliche Mischung aus Tradition und Moderne mit Raffinement aus. Die Novität wird enthusiastisch gefeiert.